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Tagung des 9. Landesparteitages der PDS Sachsen-Anhalt
am 19. Juli 2005 in Magdeburg
Rede des Landesvorsitzenden Matthias Höhn als RTF
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- Es gilt
das gesprochene Wort! -
Anrede,
dieses Land
hat sich verändert.
Zum einen
hat sich durch die Politik von Rot/Grün seit 1998 die soziale
und wirtschaftliche Situation vieler Menschen verschlechtert.
Bedenkt man,
wie groß die Erwartungen der Mehrheit der Bürgerinnen
und Bürger 1998 gegenüber den neuen politischen Mehrheiten
war, wird eines sehr deutlich:
Die momentan noch regierenden Parteien haben ein massives Glaubwürdigkeitsproblem.
Und sie können noch fünf oder zehn weitere Manifeste
verabschieden - der Gebrauch des Begriffes Manifest ist übrigens
wohl eher ein Missbrauch - und sie können die nächsten
zwei Monate jeden Tag verkünden, sie seien moderne linke
Parteien
glaubwürdiger werden sie dadurch nicht. Zu
groß sind die Unterschiede zwischen dem, was sie jetzt versprechen,
und dem, was sie sieben Jahre getan haben.
- SPD und
Grüne haben mit ihren Hartz-Gesetzen und den Veränderungen
in den Sozialversicherungssystemen die ohnehin gegebene soziale
Schieflage weiter verschärft. Unterm Strich sind nicht mehr
Arbeitsplätze entstanden, dafür leben heute hunderttausende
Kinder in Armut.
- Mit ihrer
Steuergesetzgebung haben SPD und Grüne die Umverteilungspolitik
von unten nach oben der Regierung Kohl konsequent fortgesetzt,
ja noch forciert. Der Spitzensteuersatz wurde ohne Not deutlich
abgesenkt, den Global Playern wurden vom Finanzamt Geschenke überwiesen.
Gleichzeitig wird die Haushaltslage der öffentlichen Hand
von Jahr zu Jahr schlechter.
- Unter Rot/Grün
ist das Militär zum regulären Mittel der Außenpolitik
geworden - ein Tabubruch in der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik
Deutschland. Anstatt die Ressourcen dieses Landes darauf zu konzentrieren,
den Menschen eine lebenswerte Perspektive zu ermöglichen,
übt die Bundeswehr - auch hier ganz in der Nähe in der
Colbitz-Letzlinger Heide - den Kriegseinsatz.
Sieben Jahre
nach ihrem Start steht Koalition aus SPD und Grünen vor dem
Scherbenhaufen ihrer Politik. Man könnte auch sagen: Sie
haben fertig!
Zum anderen
verändert sich dieses Land gerade in seinen parteipolitischen
Grundfesten.
In Scharen
laufen die Menschen der Sozialdemokratie davon, als Mitglieder
und als Wähler. Aber anders als in früheren Zeiten,
als dies einen fast gleich starken Gewinn im bürgerlichen
Lager versprach, bewegt sich dieses Land nach links.
Das dies möglich wurde, ist auch ein Verdienst der PDS. Über
viele Jahre haben wir uns Kompetenz und Vertrauen erworben. Darauf
gilt es aufzubauen.
Gleichzeitig hat sich vor allem in den alten Bundesländern
eine Wahlalternative formiert, die der Politik von SPD und Grünen
Paroli bieten will.
In dieser
Situation haben sich PDS und WASG darauf verständigt, nicht
getrennt oder konkurrierend bei der bevorstehenden Bundestagswahl
anzutreten. Wir sind davon überzeugt, dass es ein schwerer
politischer Fehler wäre, unsere Kräfte in diesem Moment
zu verzetteln. Darum verzichtet die WASG auf eine eigene Kandidatur.
Lediglich unsere Partei wird zur Wahl antreten. Gleichzeitig sind
wir bereit, unsere Listen für einzelne Mitglieder des Wahlalternative
zu öffnen - was wir in Sachsen-Anhalt vor gut einer Woche
unter Beweis gestellt haben - und diesen Öffnungsprozess
mit einer Veränderung unseres Namens nach außen deutlich
zu machen - ohne Etikettenschwindel zu betreiben. Wo PDS drin
ist, muss auch PDS draufstehen. Das sind wir uns selbst schuldig,
aber auch unseren Wählerinnen und Wählern.
Der Bundesparteitag
hat am vergangenen Sonntag mit knapp 75 Prozent beschlossen, den
Namen unserer Partei in "Die Linkspartei." zu ändern
und den Zusatz "PDS" zu führen. Diese Entscheidung
müssen wir heute als Landesverband nachvollziehen und unsere
Satzung entsprechend anpassen.
Nach dem euch vorliegenden Antrag würde dies bedeuten:
1. Der Landesverband
heißt in Zukunft "Die Linkspartei. Landesverband Sachsen-Anhalt".
2. Wir führen - und damit nutzen wir die durch das Bundesstatut
gegebene Möglichkeit - die Zusatzbezeichnung "PDS"
zwischen dem Punkt und dem Namen der Gliederung, also "Die
Linkspartei. PDS Landesverband Sachsen-Anhalt".
3. Die Kurzbezeichnung unseres Landesverbandes lautet "Die
Linke.".
Anrede,
ich bin mir
darüber im Klaren, dass mit dem nach der Bundestagswahl angestrebten
Fusionsprozess noch viele Fragen eurerseits verbunden sind - ich
habe diese Fragen auch. Fragen nach der Programmatik der möglichen
neuen Partei und nach ihrer Rolle in unserer Gesellschaft.
Zum Programm:
Wir sind demokratische Sozialistinnen und Sozialisten. Und das
bleiben wir. Wir haben uns in den letzten 15 Jahren ein klares
politische Profil erarbeitet. Dies werden wir sehr selbstbewusst
in den vorgesehenen Fusionsprozess einbringen. Unsere über
den Kapitalismus hinausweisende Programmatik werden wir nicht
preisgeben.
Zur Rolle
als politische Partei: Wir bekennen uns ganz klar zu unserem Gestaltungsanspruch.
Dieser schließt ein, dass wir bereit sind, auch Regierungsverantwortung
in den Ländern zu übernehmen, wenn es dafür Mehrheiten
und eine politische Basis gibt.
In Sachsen-Anhalt haben wir in acht Jahren Tolerierung bewiesen
- wenn auch manchmal unter Schmerzen - dass wir in der Lage sind,
hier und heute praktische Politik zu machen, ohne dabei unsere
Ideale zu verraten. Die Genossinnen und Genossen in Mecklenburg-Vorpommern
und Berlin tun dies seit mehreren Jahren sehr verantwortungsvoll
als Regierungspartei.
Wir haben für die kommende Landtagswahl einen MP-Kandidaten
nominiert. Wir wollen den Wechsel in Sachsen-Anhalt.
Dieser Gestaltungsanspruch wird von der WASG in mehreren Bundesländern
nicht geteilt, ja zum Teil massiv bekämpft. Aber ich sage
sehr deutlich - genauso wie unser Profil als demokratische Sozialistinnen
und Sozialisten werden wir auch diesen Teil unserer Identität
nicht zur Disposition stellen.
Es ist gut,
dass wir uns für diesen Fusionsprozess eine längere
Frist gesetzt haben. Die werden wir auch brauchen. Es gibt eine
Menge Fragen zu beantworten - nicht zuletzt die nach dem Gleichstellungsverständnis
weiter Teile der WASG. Und ich sehe diesen Fusionsprozess heute
als einen offenen Prozess. Ich würde mich freuen, wenn er
uns gelänge, aber es kann auch sein, dass wir die vielen
Fragen nicht für beide Seiten zufrieden stellend beantworten
können. Dann muss man aber auch den Mut haben, am Ende zu
sagen: Nein, es wird nichts.
Anrede,
in den vor
uns liegenden 61 Tagen stehen wir vor einer anderen Herausforderung.
Es gilt als Die Linkspartei.PDS klare politische Alternativen
zur Politik von Rot/Grün und Schwarz/Gelb ins Zentrum zu
rücken. Wir wollen uns mit radikal vernünftigen Vorhaben
in die politische Auseinandersetzung einbringen.
Der vorgelegte Wahlprogrammentwurf benennt sechs Schwerpunkte:
1. Arbeit
für alle: Soziale Grundrechte erneuern und garantieren -
durch eine neue Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik! Solidarität
und Selbstbestimmung statt Sozialraub und Entmündigung!
2. Hochwertige Bildung für alle!
3. Neuansatz für Ostdeutschland und alle strukturschwachen
Regionen: Stabilisierung der wirtschaftlichen und sozialen Lage,
Zukunft durch Innovation und Bildung, den Betroffenen mehr Stimme
in Politik und Öffentlichkeit!
4. Protest ernst nehmen. Mehr direkte Demokratie durchsetzen!
5. Umverteilung von oben nach unten: Für ein solidarisches
Steuersystem!
6. Frieden leben, Frieden ermöglichen, Globalisierung gestalten!
Mit diesen
Themen werden wir die Auseinandersetzung suchen. Und wir können
mit dem, was wir im Wahlprogramm vorschlagen, diese Auseinandersetzung
auch bestehen. Den Vorwurf des Populismus müssen wir uns
nicht annehmen, liebe Genossinnen und Genossen. Diesen Vorwurf
müssen sich die gefallen lassen, die von heute auf morgen
das vergessen haben, was sie sieben Jahre lang an praktischer
und erlebbarer Politik in der Bundesregierung und im Bundestag
gemacht haben.
Anrede,
der Bundesparteitag
hat vor zwei Tagen den Weg für ein gemeinsames Agieren der
Linkspartei.PDS und der WASG bei den kommenden Bundestagswahlen
mit großer Mehrheit frei gemacht. Ich bitte euch, heute
ebenso zu entscheiden.
Vielen Dank.
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