Die Linkspartei.PDS
Landesverband Sachsen-Anhalt
www.linkspartei-sachsen-anhalt.de
Pressemitteilung, 23.01.2006
Gemeinsame Erklärung der Landesspitzen von Sachsen-Anhalt,
Brandenburg
und Berlin
Am vergangenen Wochenende verständigten sich die Landesspitzen
der
Linkspartei.PDS aus Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Berlin auf
einer
gemeinsamen Beratung im brandenburgischen Blossin zu den bevorstehenden
Wahlen in Sachsen-Anhalt und Berlin sowie zur aktuellen Situation
im
Parteibildungsprozess mit der WASG. Im Ergebnis der Beratung
verabschiedeten die geschäftsführenden Landesvorstände
folgende
gemeinsame politische Erklärung:
Erklärung der drei geschäftsführenden Landesvorstände
(Brandenburg,
Sachsen-Anhalt, Berlin)
Blossin, 21.01.2006
Eine starke linke Opposition kann in Deutschland viel bewegen.
Das
erleben wir dieser Tage immer wieder: Investitionsprogramm, gesetzlicher
Mindestlohn, Kita-Förderung, Anhebung der Hartz-IV-Zahlsätze
im Osten -
solche Dinge stünden jetzt nicht auf der politischen Tagesordnung
der
Bundesregierung, hätten sie die Linkspartei.PDS, die WASG
und die
anderen demokratischen Linken nicht so energisch verfochten und
im
Bundestagswahlkampf dafür so erfolgreich mobilisiert. Soziale
Gerechtigkeit ist zum Gegenstand des Parteienwettbewerbs, nicht
mehr nur
der Wahlkampfrhetorik geworden. Das ist unser gemeinsames Verdienst.
Doch wir wollen mehr als dass aus unseren zunächst als populistisch
beschimpften Vorschlägen in bgespeckter Form die als realistisch
gepriesenen Ideen von Union und SPD werden. Und dass diese Ideen
dann
noch in den Mühlen der Großen Koalition zerkleinert
werden.
Deutschland wird derzeit durch die "Große Koalition" der
Verlierer
regiert. Ein Zustand, den wir aus Brandenburg kennen. Eine
Konstellation, mit deren Folgen wir in Berlin fertig werden müssen.
Eine
Perspektive, die wir Sachsen-Anhalt ersparen wollen.
Große Koalitionen lösen keine Probleme - sie verhindern,
sie behindern
die Lösung von Problemen. Sie schaffen neue. Sie sind ein
Problem. Der
Zwang zum Kompromiss über die Grenzen der politisch-mentalen
Blöcke
hinweg verengt den notwendigen Grundkonsens der Demokraten auf
Formelkompromisse für die Tagespolitik und rückt die
notwendige Suche
nach gesellschaftlichen und politischen Alternativen in den Hintergrund.
Demokratie aber lebt durch Alternativen und sachlich begründeten
Mehrheiten - nicht durch Tricks oder Angst vor der Alternative!
Unser Ziel
bleibt daher die Beendigung bzw. die Verhinderung großer
Koalitionen - in den Ländern wie im Bund. Das setzt bei
der
Linkspartei.PDS politischen Willen, konzeptionellen Vorlauf und
handwerkliche Fähigkeit voraus, um selbst Regierungsverantwortung
zuü
bernehmen, dafür zu kämpfen und Mehrheiten zu mobilisieren.
Deswegen unterstützen wir mit aller Kraft den Wahlkampf
der
Linkspartei.PDS in Sachsen-Anhalt und ihres
Ministerpräsidentenkandidaten Wulf Gallert zu den Landtagswahlen
am 26.
März. Nur mit einer starken und einflussreichen PDS wird
es möglich,
dass Sachsen-Anhalt seinen Weg zu dauerhaftem wirtschaftlichen
Aufschwung und gerechtem sozialen Ausgleich findet.
Wir begrüßen, dass dieser Weg in Sachsen-Anhalt beginnen
soll mit guter
Bildung für alle. Tatsächlich ist nicht strengere und
frühere Auslese
von Kinder die Lösung für die deutschen Bildungsprobleme,
sondern
gezielte und angemessene Förderung für alle - im Kita-Alter
beginnend
und bei möglichst langem gemeinsamem Lernen. Früh investieren
ist besser
als später reparieren. Soziale Herkunft darf dabei kein
Hindernis mehr
sein! Wir teilen den Grundsatz: Wer den Job verloren hat, darf
nicht
auch noch aus der Gesellschaft ausgestoßen sein. Es gilt,
den
Betroffenen den Alltag zu erleichtern. Gemeinsam kämpfen
wir zugleich
dafür dass ihnen - z. B. durch die Umwidmung aller Hartz-IV-Gelder
zugunsten regulärer Jobs, durch Mindestlöhne und Unterstützung
der
öffentlichen Hand - eine Lebensperspektive in Würde eröffnet
wird.
Schließlich gilt unsere Unterstützung dem Ziel der
Linken in
Sachsen-Anhalt, für einen handlungsfähigen und effizienten
Staat zu
sorgen - für einen Staat der Bürgerinnen und Bürger,
in dem sie
Handelnde sind und nicht nur verwaltet werden.
Im Land Berlin
hat die Linkspartei.PDS in einer extrem schwierigen Situation
Regierungsverantwortung übernommen. Die Linkspartei.PDS
in
Berlin unterstützen heißt deshalb, vor allem die reale
Situation der
Stadt nicht aus den Augen zu verlieren und die Verantwortung
der
ehemaligen großen Koalition für das - trotz großer
Anstrengungen von
Rot-Rot - noch nicht bewältigte finanzielle Haushaltsdesaster
klar zu
benennen. Die Rückkehr des finanzpolitischen Größenwahns
und
Dilettantismus der unbelehrbaren Berliner CDU an die Regierung
ist keine
Alternative zum Bemühen der jetzigen Koalition, die Situation
sozial zu
bewältigen. Deshalb ist es ein großer Erfolg, dass
es erstmals seit
vielen Jahren 2007 kein Primärdefizit des Landeshaushalts
mehr geben
wird. Damit wurde die Voraussetzung geschaffen, dass die
Haushaltsnotlage anerkannt wird. Jetzt können Bund und Länder
helfen,
die Schulden der Großen Koalition abzubauen und damit Spielräume
für
soziale Politik zu schaffen, statt die Steuern der Berliner den
Banken
zu überweisen. Für die Linkspartei.PDS sind stabile öffentliche
Haushalte generell eine wichtige politische Zielgröße.
Wir wissen: In
unseren Ländern wird in den kommenden Jahren weniger Geld
zur Verfugung
stehen. Dies zu ignorieren wäre verantwortungslos und populistisch;
es
würde Abwärtstrends beschleunigen sie jedenfalls nicht
aufhalten oder
gar wenden. Richtig ist aber auch: Eine solche Entwicklung zwingt
die
politisch Verantwortlichen, dem Rückgang der Ressourcen
nicht nur mit
dem Rotstift hinterher zu eilen, sondern alles zu unternehmen,
um aus
dem Vorhandenen mehr zu machen. So gelingt es, Ressourcen perspektivisch
zu erhalten oder, wo möglich und sinnvoll, zu mehren. Die
Zukunftschancen einer gemeinsamen positiven Entwicklung der Region
Berlin/Brandenburg hängen insofern maßgeblich von,
der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichtes zur Entschuldung Berlins ab.
Rot-Rot in Berlin ist es erstmals in einem Bundesland gelungen,
dieü berall grassierende blinde Privatisierungspolitik zu
stoppen und konnte
gegen den Willen aller anderen Parteien durchsetzen, dass der
Krankenhauskonzern Vivantes, das Nahverkehrsunternehmen BVG und
die
Berliner Stadtreinigung BSR nicht verkauft wurden.
Wichtig ist uns nach Jahren christdemokratischen Regierens: Es
wurde ein
Kurswechsel in Sachen Bürgerrechte und Demokratie vollzogen.
Dazu zählen
Volksentscheide und Absenkung des Wahlalters in den Bezirken,
Bargeld
und Wohnungen für Flüchtlinge, statt Chipkarten und
Wohnheime, die
Stärkung des Bürgerprotests statt Versammlungsverboten.
Bei allem war das Bemühen um soziale Gerechtigkeit Richtschnur
des
Handeins, was in Zeiten knapper Kassen schwierig ist. Und doch:
ALG-II-Empfanger nutzen zum halben Preis die öffentlichen
Verkehrsmittel
und genießen mit 3-Euro-Tickets Kunst und Kultur. Massenumzüge
infolge
der Hartz-IV Gesetzgebung (welcher Berlin im Bundesrat wegen
der
Linkspartei.PDS nicht zugestimmt hat) bleiben aus, weil hier
eine
Linkspartei-Senatorin die Ausführungsvorschriften erarbeitet.
Und im
letzten Jahr vor der Schule müssen Berliner Eltern den Kitaplatz
nicht
mehr bezahlen.
Um das und anderes, was wir als Opposition gefordert haben, auch
durchzusetzen, brauchte es eine Regierungsmehrheit.
Das Beispiel
Brandenburg zeigt uns: Linkspartei.PDS-Wahlerfolge im Land
allein bringen noch keinen wirklichen Politikwechsel in Richtung
sozialer Gerechtigkeit. Dieser wird nur möglich, wenn
es auch einen Regierungswechsel gibt. In diesem Sinne sieht
sich die Linkspartei.PDS
dort in Verantwortung; sie hat Anfang 2005 im Land die Debatte über
ein
neues Leitbild für Brandenburg angestoßen und wird
im Rahmen dieser
Diskussion in den nächsten anderthalb Jahren ihre Vorstellung
von einem
Leitbild für eine soziale, zukunftsfähige Region Berlin-Brandenburg
formulieren. Aus Erfahrung unterstützen wir den Ansatz,
den Akteurinnen
und Akteuren mit privatem und bürgerschaftlichem Engagement,
denjenigen, die das größte eigene Interesse haben,
ihre Region
lebenswert zu halten und kooperative Prioritäten setzen,
größtmögliche
Mitbestimmungs- und Gestaltungsraume einzuräumen und sie
zu ermutigen,
die eher kleiner werdenden finanziellen Spielraume maximal zu
nutzen.
Demokratie lebt von Einmischung, Partizipation und der Möglichkeit
der
Mitgestaltung. In diesem Kontext ist auch eine breite Diskussion über
eine umfassende Funktionalreform sinnvoll.
Die Ausprägung regionaler Identitäten, die Formulierung
und positive
Bewertung moderner, eigenständiger, ländlicher Lebensweisen,
eigener
Entwicklungsinteressen- und -chancen, die Anerkennung ländlicher
Teilregionen als gleichberechtigte und relativ selbstständige
Gliederungen mit einem hohen Maß an politischer Selbstbestimmung
würde
auch den in den peripheren Räumen des Landes beheimateten
Menschen und
engagierten Bürgerinnen und Bürgern realistische Perspektiven
bieten
können. Ein solches Leitbild, inklusive einer neuen Bewertung
der
Interessen und Lebensweisen im engeren Verflechtungsraum sowie
ihrer
Administration, würde - nach einer Teilentschuldung Berlins
- wieder
Chancen für einen sinnvollen Neuanlauf zur Fusion von Berlin
und
Brandenburg eröffnen. Die Zustimmung für eine Fusion
mit dem Land Berlin
rückt ohne eine solche Zukunftsvorstellung in weite Ferne.
Ein neues
Leitbild muss daher auch auf mehr Gemeinsamkeiten gerade von
Berlin und
Brandenburg orientiert sein. Sollte die Klage des Landes Berlin
erfolgreich sein und damit eine Haushaltssanierung möglich
werden,
schlagen wir eine Diskussion über einen Verfassungsentwurf
für ein neu
zu gründendes Land Berlin-Brandenburg vor. Nur so können
die möglichen
Rahmenbedingungen für eine Fusion zum Gegenstand einer breiten öffentlichen
Debatte und kann den Bürgerinnen und Bürgern
transparent
gemacht werden, worüber sie bei einer möglichen erneuten
Volksabstimmung
zu entscheiden hätten.
Wenn wir
davon sprechen, was eine starke demokratische Linke in
Deutschland seit 2005 erreicht hat und künftig erreichen
soll, dann
wissen wir, dass dies nur im engen politischen Miteinander unserer
Partei und der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit
möglich
war bzw. ist. Wir wollen eine starke Linkspartei als gesamtdeutsche
linke Partei. Die Entwicklung dahin ist nicht einfach - aber
in
Brandenburg sehen wir, dass dieser Weg - auch über alle
Schwierigkeiten
hinweg - mit Vernunft und Augenmaß beschreitbar ist. Wir
setzen darauf,
dass es in Berlin und in Sachsen-Anhalt der Linkspartei.PDS und
den
verantwortungsbewussten Kräften in der WASG gelingt, sich
auf der Basis
der politischen Realitäten und durchaus vorhandener, realistischer
linker Alternativen zusammen zu finden. Das zwischen den
Bundesvorständen beider Parteien vereinbarte Kooperationsabkommen
III
ist dabei für uns Entscheidungs- und Handlungsgrundlage.
Ein Zurück
hinter diesen Minimalkonsens ist für uns nicht akzeptabel,
weil damit
das Ziel der Gründung einer gemeinsamen Partei unterlaufen
wird.
Angesichts der aktuellen Ergebnisse des Landesparteitags der
WASG in
Sachsen-Anhalt erwarten wir vom Bundesvorstand der WASG, dass
er
Klarheit darüber schafft, dass das Kooperationsabkommen
III für alle
Landesverbände der WASG verbindlich sein soll. Dort, wo
Mehrheiten der
Landesverbände der WASG das Ziel des gemeinsamen Parteibildungsprozesses
ablehnen, sind weitere Gespräche ohne Sinn. Unabhängig
davon laden wir
alle WASG-Mitglieder ein, die auf Grundlage des Kooperationsabkommens
III am Parteibildungsprozess teilnehmen wollen, mit uns im Gespräch
zu
bleiben.
F.d.R. Joachim Spaeth,
Pressesprecher Landesvorstand,
Die Linkspartei.PDS Landesverband Sachsen-Anhalt,
Ebendorfer Str.3, 39108 Magdeburg,
Magdeburg, 23.01.2006
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