Nicht die
Klagemauer ist klagenswert - die juristischen Kenntnisse der angehenden
Juristen sind beklagenswert!
Zu der in
der heutigen Ausgabe der Mitteldeutschen Zeitung, Lokalteil, beschriebenen
Absicht zweier Studenten des Fachschaftsrates der Juristischen
Fakultät der Universität Halle gegen die Klagemauer
zu klagen, erklärt die Wissenschaftspolitische Sprecherin
der PDS-Landtagsfraktion, Dr. Petra Sitte:
Mit einem
Blick in das Landeshochschulgesetz wäre nämlich schnell
festzustellen gewesen, dass im § 65 Studierendenschaft
Abs. 1 das allgemeine politische Mandat rechtlich verankert ist.
Zu den Aufgaben
der Studierendenschaft heißt es u.a.:
Sie haben folgende Aufgaben
1. die Meinungsbildung in der Gruppe der Studierenden zu ermöglichen;
2. die Belange ihrer Mitglieder in Hochschule und Gesellschaft
wahrzunehmen;
3. an der Erfüllung der Aufgaben der Hochschule ... insbesondere
durch Stellungnahmen zu hochschul- oder wissenschaftspolitischen
Fragen mitzuwirken;
4. auf der Grundlage der verfassungsmäßigen Ordnung
die politische Bildung, das staatsbürgerliche Verantwortungsbewusstsein
und die Bereitschaft ihrer Mitglieder zur aktiven Toleranz sowie
zum Eintreten für Grund- und Menschenrechte zu fördern;
5. kulturelle, fachliche, wirtschaftliche und soziale Belange
ihrer Mitglieder wahrzunehmen;...
Und weiter
heißt es im gleichen Absatz des gleichen Paragraphen:
Zur Erfüllung ihrer Aufgaben kann die Studierendenschaft
insbesondere auch zu solchen Fragen Stellung beziehen, die sich
mit der gesellschaftlichen Aufgabenstellung der Hochschulen sowie
der Anwendung der wissenschaftlichen Erkenntnisse und der Abschätzung
ihrer Folgen für die Gesellschaft und die Natur beschäftigen.
Die Studierenden und ihre Organe können für die Erfüllung
ihrer Aufgaben Medien aller Art nutzen und in diesen Medien auch
die Diskussion und Veröffentlichung zu allgemeinen gesellschaftlichen
Fragen ermöglichen. Umfang und Kosten der Mediennutzung zu
allgemeinen gesellschaftlichen Fragen müssen in einem angemessenen
Verhältnis zu Umfang und Kosten aller Aufgaben der Studierendenschaft
stehen. Eine überwiegende Nutzung zu allgemeinen gesellschaftlichen
Fragen ist unzulässig.
Soweit und
so klar das Landeshochschulgesetz. Aus diesem Grund räumt
die PDS-Landtagsfraktion einem Klageerfolg nur geringe Chancen
ein!
Auslöser
für die Aktion Klagemauer war und ist die Absicht,
Fragen der Einführung von Studiengebühren öffentlich
zu thematisieren. Das hat nun ausdrücklich mit der sozialen
Lage von Studierenden und mit dem Zugang zu Bildung als Grundrecht
zu tun. Es werden also Interessen der Studierenden vertreten.
Die Klagemauer
selbst ist eine unkonventionelle Initiative, die trotz des bescheidenen
materiellen und finanziellen Aufwandes doch einen erheblichen
Widerhall unter Hallenserinnen, Hallensern sowie Gästen der
Stadt findet.
Es ist wohl
eher zu vermuten, dass diese Aktion durch gerichtliche Klagen
gestoppt werden soll, weil auch unter Studierenden, beispielsweise
der Juristischen Fachschaft, die Ansicht vertreten wird, dass
die Einführung von Studiengebühren eine politisch richtige
Entscheidung sei. CDU und FDP sind ja beispielsweise Parteien,
die sich ausdrücklich dafür aussprechen. In einigen
Ländern wurden bereits sehr konkrete Schritte zur Einführung
von Studiengebühren gegangen.
Die PDS lehnt
dagegen die Einführung von Studiengebühren ab. Allerdings
wurde ein entsprechender Gesetzesvorstoß der PDS-Landtagsfraktion
erst vor wenigen Wochen im Landtag durch die Fraktionen von CDU
und FDP abgelehnt.
Magdeburg, 14. Juli 2005
Dr. Petra
Sitte
Wissenschaftspolitische Sprecherin der PDS-Landtagsfraktion
Mitglied des Stadtrates von Halle
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