Weihman/Schöb-Modell
ist kalkulierbarer als Rehbergers Vorstoß, Niedriglohnsektor
auszuweiten
Zur aktuellen
Debatte der Einführung subventionierter Löhne erklärte
der Parlamentarische Geschäftsführer der PDS-Landtagsfraktion,
Dr. Frank Thiel:
"Rehbergers
Modellvorhaben ist ein erneuter Versuch, den Niedriglohnsektor
in Sachsen-Anhalt auszuweiten und nun auch noch mit kräftiger
staatlicher Hilfe. Ein Einstiegsgeld soll Unternehmen
motivieren, weitere Billigjobs anzubieten. Stundelöhne von
vier bis fünf Euro sollen mit zwei bis drei Euro staatlicher
Subventionsmittel ergänzt werden. Hat unser Wirtschaftsminister
vergessen, dass in Deutschland mehr als 600 Berufsgruppen bereits
jetzt unter 5 Euro bezahlt werden? Und trotzdem ist die Arbeitslosigkeit
nicht deutlich gesunken.
Ein Alternative
zum Modell von Weihmann und Schöb ist es allerdings nicht.
Die beiden Magdeburger Professoren fordern die Zahlung der Lohnnebenkosten
durch den Staat, wenn Jobs im Niedriglohnbereich angeboten werden,
allerdings bei strenger Beauflagung der Unternehmen, damit keine
interne Substitution von Niedriglohnjobs erfolgt. Somit werden
zumindest Mitnahmeeffekte eingeschränkt und Drehtüreffekte
ausgeschlossen.
Wie viel ist
einem Unternehmen die Arbeit in seiner Wertschöpfungskette
noch wert, wenn sie nur noch mit staatlicher Subvention bezahlt
werden kann? Dass Arbeit immer mehr abgewertet wird, kann nicht
Inhalt der Politik sein. Es ist schon erstaunlich, wie liberale
Politik immer mehr dazu beitragen will, den Unternehmen in Sachsen-Anhalt
mit staatlichem Eingreifen ihre Arbeit zu finanzieren. Das ist
wohl nicht ohne Grund in Deutschland beispiellos.
Notwendiger
denn je ist die Diskussion zu existenzsichernder, sozialversicherungspflichtiger
Beschäftigung, Mindestlöhnen und der Einführung
eines öffentlich geförderten Beschäftigungssektors,
wie sie von der PDS gefordert wird.
Und womit
sich Politik vor allem beschäftigen sollte, beschreibt übrigens
Artikel 4 Abs. 1 der Europäischen Sozialcharta: "Der
Gesetzgeber ist unabhängig von der Tarifautonomie der Sozialpartner
durch das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes verpflichtet einer
Ausweitung von Arbeitsverhältnissen entgegenzuwirken, die
einerseits keine eigenständige, dem gegenwärtigen gesellschaftlichen
Lebensniveau entsprechende Lebensführung erlauben und andererseits
mit den Risiken weiteren sozialen Abstiegs und späterer Armut
verknüpft sind."
Darüber ist aus dem Wirtschaftsministerium bis jetzt wenig
zu hören."
Magdeburg,
14. Februar 2005
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